Dienstag, 02. Mai 2023
Woche für das Leben an der MWS
Am 28.04.2023 besuchte der Speyrer Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann
gemeinsam mit der Präsidentin der Evangelischen Landesskirche Dorothee Wüst die Maria-Ward-Schule Landau zur „Woche für das Leben“. Empfangen wurden die beiden von Oberstufenschüler*innen der Maria-Ward-Schule und des Trifels-Gymnasiums Annweiler. Der Schulleiter des TGA Steffen Jung und die Schulseelsorgerin und Lehrerin der MWS Simone Reuther betreuten den
Tag.
Nach einem kurzen geistlichen Impuls in der Kapelle und
einem Gespräch über Ängste stellten einige Jugendliche symbolische
Gegenstände, z.B. eine Taufkerze, Freundebücher und ein Handy vor. Diese Gegenstände sollten zeigen, was die jungen Leute ausmacht, ihnen Kraft schenkt und Mut gibt. Nach Rückfragen der Kirchenpräsidentin und des Bischofs entwickelte sich eine Diskussion zu Freuden und Leiden der Digitalisierung.
Danach wurde im Speisesaal der MWS ein kleiner Imbiss in Form von Kaffee, Kuchen und belegten Brötchen von der Schulküche eingenommen. Währenddessen unterhielten der Bischof und die Präsidentin sich angeregt mit Schüler*innen. Der ursprüngliche Plan wäre dann gewesen, gemeinsam auf das Gelände der Landesgartenschau und auf den Markplatz zu wandern, um dort einen kleinen Impuls abzuhalten. Dieser Plan fiel jedoch im wahrsten Sinne des
Wortes ins Wasser, da es in Strömen regnete. Stattdessen wurden
in einem Klassensaal Fotos der jeweiligen Orte gezeigt, zu denen die
Schüler*innen ein paar Gedanken und Impulse vorbereitet hatten. Eine
Schülerin des TGA sprach über das Landesgartenschaugelände und
verglich es dabei metaphorisch mit einer Insel, wo man Ruhe finden könne.
Das Gelände sei sowohl ein Ort der Aktion und des Spaßes als auch mit
den großen Liegewiesen ein Ort des Rückzugs und der Entspannung nach
einem stressigen Schultag. Ähnlich wurde auch die Landauer
Fußgängerzone als ein Ort der Ablenkung vom stressigen Alltag
beschrieben. Schülerinnen der MWS teilten anschließend ihre Gedanken
zum Marktplatz in Landau mit dem Fokus auf den Fridays for Future
Demonstrationen und wie Jugendliche sich mit dem Klimawandel
auseinandersetzen.
Nach diesen Denkanstößen teilte die Gruppe sich zur offenen Diskussion in
zwei Gruppen, eine mit dem Bischof, eine mit der evangelischen Kirchenpräsidentin auf.
Der Bischof erkundigte sich, was die Schüler*innen angesichts ihrer Zukunft und des baldigen Schulabschlusses beschäftige.
Einige der häufigsten Aussagen waren: „Ich weiß nicht wie es weiter geht!“;
„Was bringt die Zukunft für mich?“ und „Wie kann ich mein Leben gestalten?“.
In diesem Gespräch wurde der Marktplatz wieder als ein Ort des inneren
Zwiespalts dargestellt, ein Zwiespalt zwischen Freizeit und politischem
Engagement. Viele Schüler*innen beschäftigen sich mit der Frage „Jugend
genießen oder Pflicht zum Aktivismus?“
Eine Schülerin eröffnete, dass es sich für sie oft so anfühle, als rede sie gegen eine Wand, da sie sich immer einsetze und sehr aktiv sei, jedoch selten Erfolgserlebnisse verspüre. Sie erklärte, dass es ihr schwer fiele auf Demonstrationen zu gehen, wenn sie dafür wichtigen Unterricht in ihren Leistungskursen verpassen würde. Sie habe dann jedoch auch ein schlechtes Gewissen, weil sie sich gefühlt nicht genug für ihre Zukunft und die Umwelt eingesetzt hätte.
Viele stimmten zu und die Schüler*innen einigten sich, dass sie sich
mehr Begleitung der älteren Generationen wünschen würden, generell,
aber vor allem mit dem Thema Klimawandel. „Die Kirche soll sich öffnen
für die Probleme unserer Generation! Gleichberechtigung, Gendern,
Sexualität, das alles ist uns wichtig!“
Der Wunsch nach mehr Unterstützung rührte vor allem von dem Gefühl,
dass manche Themen einfach zu groß seien und viele das Gefühl
hätten, dass ihr Aktivismus nichts erreiche. Als Beispiel wurden die
FFF-Demonstrationen genannt, bei denen es zwar großartig sei mit so vielen
Leuten gemeinsam gegen den Klimawandel einzustehen, die jedoch
nicht so viele Konsequenzen wie gewünscht bewirken würden.
Außerdem wurde über Noten, Leistungsdruck und die Schulgemeinschaft
der beiden Schulen gesprochen. Ein Mädchen richtete das Wort an den
Bischof mit der Frage: „Können Sie all das Gesagte nachvollziehen?
Und kann die Kirche ein Ausgleich für uns Jugendliche sein?“
Der Bischof reagierte mit großem Verständnis und erläuterte: „Ich
verstehe euch da gut, Leistungsdruck, Überforderung, massive
Frustrationserlebnisse, jedes Alter hat seine Herausforderungen. Alles
wird in der Wurzel angegriffen, solche Fragen gehen tief bei jungen
Leuten.“ Er forderte mehr Austausch in der Gesellschaft und vor allem
zwischen Kindern und Erwachsenen in der Kirche. Auf die Frage nach
dem inneren Grund, antwortete er mit dem Gottesglauben, gab jedoch
zu, dass dieser, von der Definition her, sich stark verändere.
Eine Schülerin erklärte dem Bischof, dass Kirche für sie früher mal ein
Ausgleich zu ihrem Alltag war, jetzt jedoch nicht mehr. Sie könne sich
nicht mehr mit der Kirche identifizieren. Vielen Gläubigen fehle die
Akzeptanz, was jungen Leuten oft die Chance nehme, in einer
Gemeinschaft zu glauben. Daraufhin erwiderte Dr. Wiesemann, dass
Leben Veränderung bedeute und solange man lebe würde sich etwas
ändern. Man müsse den Begriff Kirche daher anders definieren. Er rief dazu auf: „Wir müssen Kirche zusammen neugestalten!“
Er ging in seinem Appell weiter: Veränderung sei zäh, doch man sollte Kirche nicht reduzieren, sondern Veränderung schaffen durch eine große Vielfalt an Menschen und Ideen.
Der Bischof definierte Kirche mit dem Lied Vers: „Wo zwei oder drei in
meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen. “
Nach diesem intensiven Austausch und den bewegenden Gesprächen,
versammelten sich alle wieder in der Schulaula und lauschten dem
Kammerchor unter der Leitung von Felix Rosskopp.
Nach einem spannenden Tag bedankte sich die Schülerschaft für die Möglichkeit der Ansprache wichtiger Themen.
Herr Dr. Wiesemann und Frau Wüst verabschiedeten sich zur Mittagszeit.
Im Nachgang äußerten sich Schüler*innen zu dem Tag mit dem Bischof und der Kirchenpräsidentin:
„Ich finde es gut, dass der Bischof heute so offen war und bereit war
uns zuzuhören und auch selbst über seine Erfahrungen geredet hat.
Ich habe auf jeden Fall gemerkt, dass er selbst auch frustriert ist von
manchen Dingen in der Kirche und was nicht passiert in der Kirche,
dass sie sich eben nicht weiterentwickelt. Aber er ist natürlich trotzdem
der Bischof und muss deshalb in einer gewissen Weise hinter der
Kirche stehen und das tut er auf jeden Fall auch, weil er dann auch
gesagt hat, dass man Kirche selbst wählen kann. Und man merkt, dass
er eher die Zukunft darin sieht, dass sich in der Kirche immer mehr
kleinere Gruppen bilden, was definitiv eine Option ist. Ich sehe aber,
dass immer noch dieses Grundproblem da ist, und das will er
verändern. Er kann es zwar nicht allein verändern, aber da hätte er
trotzdem etwas mehr darauf eingehen können.“
-Sette Reis, MSS 11
„Ich habe den Bischof nur in einem kleinen, persönlichen Gespräch im
Treppenhaus erlebt, da ich ja später beim Austausch in der Gruppe mit
der Kirchenpräsidentin war. Das er da so von allein auf uns
zugekommen ist und auch direkt mit einem Thema angefangen hat
was uns betrifft und viel Verständnis gezeigt hat, fand ich super. Die
Diskussion mit der Kirchenpräsidentin war auch sehr gut. Frau Wüst ist
sehr konkret auf uns eingegangen und hat gefragt, was wir erwarten und
was wir wollen. Wie wir uns dabei fühlen, ist glaube ich generell sehr
gut rübergekommen. Oder sie hat auch wirklich die Leute
angesprochen die eben nicht viel gesagt haben. Und hat gefragt, wie
sie sich fühlen oder ganz banal was ihre Interessen und Hobbies sind.
Frau Wüst wollte alle integrieren.“
-Emma Thiery, MSS 12
Bericht: Mia Alana Melber